Chráníme Vaše data. Více ZDE.

Davids Geschichte

Leben Sie noch im Übergangshaus?
David: Ich habe es Anfang Februar verlassen.

Und wann waren Sie ins Übergangshaus gekommen?
War es Ende November 2017 oder 2018? Ich weiss es nicht genau, aber es war wohl 2018.

Sie waren also mehr als ein Jahr hier?
Ich war ungefähr zwei Jahre hier.

Von woher sind sie ins Übergangshaus gekommen?
In Anführungszeichen sage ich „von der Strasse“.

Und wie war Ihre Situation vor der Ankunft im Übergangshaus? Was war schwierig?
Sie war nicht einfach, weil ich die meiste Zeit nirgendwo dauerhaft wohnen, schlafen und leben konnte. Es gab Wochenenden, da schlief ich in der Strassenbahn oder auf der Strasse. Es war also nicht einfach. Ich bin der Typ Mensch, der sehr viel erträgt, aber ich kam ziemlich an meine Grenzen. Vor meiner Ankunft war es also schwierig und nicht gerade angenehm. Ich hätte mich durchbeissen können, man würde sich daran gewöhnen, aber es war nichts Angenehmes.

Weshalb haben Sie sich entschieden, ins Übergangshaus zu gehen?
Meine Schwester hat es mir angeboten. Sie fand es im Internet und leitete es an mich weiter. Und da war noch eine weitere Bekannte, die etwas Weniges darüber wusste. Also gab ich dem Ganzen eine Chance und es ist aufgegangen.

Und was waren Ihre Erwartungen vom Übergangshaus?
Die Wiedereingliederung in die normale Gesellschaft. Ich habe alles darüber gelesen, womit sie sich beschäftigen, und daher habe ich erwartet, dass sie mir bei der Rückkehr ins normale Leben helfen werden, dass sie mir für eine Weile Unterkunft bieten werden und mir dabei helfen werden, mich wieder zu sozialisieren. Falls ich keine Arbeit haben würde, würden sie bestimmt wissen, was zu tun ist. Sie werden mir beibringen, wie ich wieder ins Leben zurückkehren kann.

Wie hat sich Ihr Leben nach Ihrer Ankunft im Übergangshaus verändert?
In etwas ganz Anderes. Als Erstes hatte ich einen Ort, an den ich zurückkehren konnte. Hier waren Menschen, mit denen ich ungeschminkt über alles sprechen konnte. Niemand hat etwas vorgespielt, alle waren gelassen. Mein Leben hat sich sehr verändert. Ich weiss nicht, wie ich es beschreiben soll. Es hat sich vollkommen verändert. Wenn dich jemand von der Strasse nimmt und wieder zurück ins normale Leben bringt, du wieder leben kannst, dann ist das ein vollkommen anderes Leben.

Die Frage „Was war anders?“ haben Sie schon etwas beantwortet… Sie hatten also einen Ort, an den sie zurückkehren konnten …
Ich konnte wieder an einen Ort zurückkehren. Ich konnte wieder normal mit Leuten sprechen, mit normalen Menschen, die oft in einer ziemlich ähnlichen Situation waren. Viele sind von der Strasse gekommen. Viele haben eine Umgebung verlassen, die nicht ideal war. Auch ich habe solche Erfahrungen gemacht. So war es möglich, mit allen ganz normal zu sprechen.

Als Nächstes werden wir uns über die Veränderungen unterhalten, welche während ihrer Zeit im Übergangshaus aufgetreten sind. Wie hat sich ihr Lebensgefühl verändert?
Es ist wahr, bevor ich ins Übergangshaus kam, hatte ich mehrmals die Tendenz, etwas Dummes zu tun, wenn Sie verstehen, was für eine Dummheit ich meine. Hier habe ich völlig aufgehört, darüber nachzudenken. Weshalb würde ich es tun, wenn es andere in viel schlimmeren Situationen gibt und sich etwas dagegen unternehmen lässt? Tatsächlich kann man aus jeder Scheisse wieder nach oben klettern.

Und was hat sich im Bereich Arbeit/Ausbildung verändert?
Nun, die Schule habe ich nicht beendet, weil ich in mir immer noch diese Blockade hatte. Aber meine Sicht auf meine Arbeit veränderte sich. Ich bekam Lust darauf zu arbeiten. Vorher hatte ich keine Lust, etwas zu tun. Ich hatte überhaupt keinen Appetit auf das Leben. Und jetzt? Ja! Falls ich die Gelegenheit erhalten würde, an die Schule zurückzukehren, ich würde sie beenden, auch wenn es für mich nicht sehr nützlich wäre. Mein Gefühl hat sich extrem verändert, definitiv zum Besseren.

Wie haben sich Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen verändert?
Nicht sehr. Ich war nie eine sehr soziale Person. Sich mit jemanden auf einen Kaffee verabreden und ein Gespräch führen, das schaffe ich nicht. Aber es hat mich ein bisschen gelehrt, die Menschen zu verstehen. Ich war schon immer empathisch. Ich kann verstehen, wenn jemand ein Problem hat. Und hier im Übergangshaus habe ich verstanden, dass manche Menschen das ebenso können. Ich bin immer extrem auf Distanz zu anderen geblieben, aber jetzt habe ich keine Angst mehr, andere in meine Nähe zu lassen.

Welche Veränderung war für Sie nach Ihrer Ankunft im Übergangshaus die grösste oder wichtigste?
Hauptsächlich die psychische Veränderung. Ich war eine sehr verschlossene und ziemlich scheue Person. Ich wollte mich nicht mit anderen Menschen abgeben und habe Distanz gehalten. Zwar habe ich das immer noch in mir, also dass ich manchen Dingen ausweiche, aber es gibt Dinge, denen ich mich heutzutage stellen kann, denen ich ins Gesicht sehen kann. Das war die grösste Veränderung: Dass diese riesige Blockade in meinem Kopf entsperrt wurde. Zu wissen, dass ich etwas erreichen kann.

Und wie hat DOM zu dieser Veränderung beigetragen?
Wie? Das ist eine gute Frage. Ich denke, hauptsächlich dadurch, wie sich die Menschen hier verhalten. Hier sind alle ungefähr in der gleichen Situation, wie ich vorher schon gesagt habe. Und niemand spielt etwas vor. Du kannst sagen, wie es ist, und bekommst Ratschläge. Sie helfen dir. Sie sagen, was du tun sollst, wie du es tun sollst, und warum du es tun sollst. Sie drängen nicht dazu, etwas zu tun, aber sie sagen dir, was zu tun gut wäre. Und nachdem sie dir einen Rat geben, ist es deine Sache, ob du dir die Temperatur misst. Sie beraten einfach. Und wenn man möchte, drängen sie dich auch dazu.

Wo und wie leben Sie jetzt?
Ich lebe jetzt in einer neuen kleinen Wohnung. Also, es ist ein Zimmer. Ich lebe im Prager Viertel Braník. Ich habe einen Mitbewohner. Es ist nichts Besonderes. Es ist ein Zimmer, das ich für mich habe. Es gibt da auch eine Küche, wo man kochen kann, und ein Badezimmer, wo man ein Bad nehmen kann, also alles, was man braucht. Privatsphäre gibt es, es gibt da alles. Mein Mitbewohner ist ein Ausländer, ein zuverlässiger Typ, und da ist auch noch ein Tscheche, mit dem ich gerne über Romantik rede. Ja, ich lerne gut.

Hatte das Übergangshaus darauf einen Einfluss?
Sie haben mir auch geholfen, diese Wohnung zu finden. Meine Betreuerin hat mir sehr bei der Suche geholfen. Sie hat mir diese Wohnung besorgt. Ich ging auf die Besichtigung. Vor Ort haben wir den Vertrag unterschrieben, und vor Ort haben wir bezahlt. Sie haben mir enorm geholfen. Sie haben mir geholfen, das ganze Rechtliche zu überstehen, was ich kann und was ich nicht darf. Diese Hilfe.

Möchten Sie noch etwas ergänzen?
Falls ich noch etwas ergänzen kann, dann würde ich mich gerne bedanken, da sie hier nicht anwesend sind, bei allen Personen, die mir hier geholfen haben. Hauptsächlich dafür, dass sie immer auf meiner Seite waren, und dass sie mir immer „cool“ vorgekommen sind. Als ich etwas gebraucht habe, so konnte ich das sagen. Niemand hat mich weggeworfen. Niemand hat mir gesagt: „Verschwinde!“ Ich habe hier Kameraden gefunden, welche ich vielleicht vorher nicht hatte. Zuvor hatte ich nur wenige Bekannte, und hier habe ich ein paar gefunden. Mit einer Person habe ich bis heute Kontakt. Wir treffen uns, wenn wir können, und gehen auf ein Bier. Hier hat sich also viel bei mir verändert, sehr viel und es ist wirklich besser jetzt.

Vielen Dank für das Interview.


Wir messen die Wirkung unserer Aktivitäten.
Projekt Geschichten von DOM.

DOM widmet sich schon seit vielen Jahren benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die für die allgemeine Öffentlichkeit unsichtbar sind. Dabei handelt es sich um Menschen, die “allein unter Menschen” sind. Ihre oft sehr ernsten Schwierigkeiten sind für andere nicht nachvollziehbar. In unserer anspruchsvollen Gesellschaft schaffen sie es nicht, sich einzuklinken, geschweige denn sich zu behaupten.
Auf Basis langjähriger Erfahrung, moderner, professioneller Quellen und ausgefeilten Arbeitsmethoden “retten” die Sachverständigen von DOM das Leben von Menschen, deren Perspektive bereits zu Beginn ihres Erwachsenenlebens beinahe hoffnungslos ist.

Das Projekt GESCHICHTEN VON DOM ist vom Gedanken inspiriert, dass die Geschichte jedes Klienten die Geschichte einer Reise ist, die aus einer sehr ungünstigen Situation zu persönlicher Entwicklung und positiver Veränderung führt. Gerade der Wandel und dessen Erkennung sind das zentrale Thema dieses Projekts.

Um die Wirkung unserer Aktivitäten zu messen, haben wir uns für die Methode MSC (Most Significant Change) entschieden. Über MSC erfahren Sie mehr hier:
The ‘Most Significant Change’ (MSC) Technique
A Guide to Its Use by Rick Davies and Jess Dart